„Ich mag die Offenheit gegenüber unorthodoxen Projektideen“
Prof. Christoph Schuck forscht zu politischen Theorien und internationaler Sicherheitspolitik. Für viele seiner Projektideen hat er erfolgreich Drittmittel eingeworben, darunter auch von der VolkswagenStiftung, für die er zudem als Gutachter tätig war. Im Interview berichtet er von seinen Erfahrungen und gibt Tipps zur Antragstellung.
Herr Prof. Schuck, womit beschäftigen Sie sich in Ihrer Forschung?
Mich interessiert besonders, wie sich Ereignisse und politische Entscheidungen auf Menschen, Institutionen und Ordnungsmodelle wie etwa Demokratien auswirken. In der Politikwissenschaft ergeben sich Forschungslücken oft auch durch aktuelle gesellschaftliche Ereignisse, die stets bei der Theoriebildung bzw. -weiterentwicklung berücksichtigt werden müssen. Unser Job ist es daher, immer ganz eng am Ball zu bleiben. Da ich viel zur internationalen Sicherheitspolitik arbeite, spielen derzeit der Krieg gegen die Ukraine und dessen Auswirkungen auf Deutschland und Europa natürlich eine große Rolle, aber ich befasse mich auch mit Theorien des Islamismus und Deradikalisierungsprozessen militanter Gruppen. Ein ganz neues Themenfeld, das ich seit einiger Zeit erforsche, sind Strukturwandelprozesse in den Alpen, etwa die Frage, warum so viele Skigebiete ihren Betrieb haben einstellen müssen. Zur Bearbeitung nutzen wir relativ neue Methoden und kommen zu interessanten Ergebnissen: Denn die geringe Naturschneemenge war bislang nicht die Hauptursache für viele geschlossene Gebiete, vielmehr ist der skialpine Wintersport seit Jahren rückläufig und manche Betreiber haben es versäumt, umzuplanen. Der Klimawandel kommt dann als immer größeres Problem natürlich noch dazu.
Sie haben schon zahlreiche Drittmittel eingeworben – welche Fördergeber passen besonders gut zu welchen Ideen und warum?
Ich bin grundsätzlich sehr offen und schaue von Vorhaben zu Vorhaben, welche Fördergeber gut geeignet sind. Bei praxisorientierten Projekten, die etwa von Bundesministerien gefördert werden, ist es reizvoll, dass die Ergebnisse teilweise direkt von der Politik berücksichtigt werden können – das finde ich richtig und wertvoll. Bei der VolkswagenStiftung mag ich vor allem die Offenheit gegenüber unorthodoxen Projektideen. Ich war eine Zeit lang auch als Gutachter für die Stiftung tätig, im „Freigeist“-Format, in dem Nachwuchswissenschaftler*innen ungewöhnliche Forschungsprojekte entwerfen und ganz bewusst den disziplinären Mainstream überwinden sollen. Das war auch aus Sicht der Begutachtung sehr spannend. Klar, einige Anträge waren beim zweiten Blick gar nicht so innovativ, andere dagegen so abgedreht, dass eine erfolgreiche Projektdurchführung auch mit ganz viel Fantasie nicht zu erkennen war. Aber zahlreiche Antragstellende haben es wirklich geschafft, die Freigeist-Idee einzufangen. Das Ergebnis waren hochspannende und sehr innovative Ideen jenseits der leider furchtbar vielen bereits ausgetrampelten Pfade. Als ich diese Anträge gelesen habe, ist mir einmal mehr klargeworden, dass uns mit Blick auf das Nachwuchspotenzial des Forschungsstandorts Deutschland nicht bange sein muss.
Welche Fehler machen Antragstellende Ihrer Erfahrung nach häufig und welche Tipps können Sie geben?
Mir ist häufig aufgefallen, dass Antragstellende versuchen, Dinge passend zu machen, die einfach nicht passen. Das merken Gutachtende dann sehr schnell und werden skeptisch: Wenn die Ausschreibung zum Beispiel Interdisziplinarität verlangt, reicht es nicht, „einfach“ noch schnell die Kollegin oder den Kollegen vom Nebengebäude ins Boot zu holen – gerade die interdisziplinären Antragsteile müssen inhaltlich und methodisch sehr gut abgestimmt sein und zum Vorhaben passen. Ansonsten kann ich aber nur den Tipp geben: Machen Sie es! Holen Sie sich Rat von erfahrenen Kolleg*innen und dem Referat Forschungsförderung. Simulieren Sie Interviews im Kolleg*innenkreis. Lassen Sie sich nicht abschrecken von niedrigen Bewilligungsquoten. Klar, Antragsablehnungen sind ärgerlich und extrem frustrierend – aber sie gehören dazu, auch bei mir. Und bleiben Sie hartnäckig: Wenn es nicht beim ersten Mal klappt, dann eben beim nächsten oder übernächsten Mal. Jeder Antrag wird besser, weil auch die Antragstellung eine Übungssache ist. Sich entmutigen lassen, ist keine Option, wenn man in der Wissenschaft Fuß fassen möchte. Und denken Sie immer daran: Ihre Konkurrent*innen kochen auch nur mit Wasser!